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neumen:neuma

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neumen:neuma [2019/08/30 15:07]
xaverkainzbauer [applicatio TT]
neumen:neuma [2019/09/21 16:52]
xaverkainzbauer [Die QUADRAT-Noten]
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 ====== NEUMA ====== ====== NEUMA ======
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 Eine Neume (griech.: Wink, das Zunicken) ist das Handzeichen, mit dem der Scholaleiter anzeigt, welche Art von Silbe zu singen ist. //Eine Neume// ist also //eine Silbe//, egal wie viele "Töne" oder Stufen diese Silbe hat. Davon abgeleitet bezeichnet man das schriftliche Zeichen für eine Silbe als Neume, vor allem bei den adiastematischen Handschriften des 10. und 11. Jahrhunderts. Sobald die Neumen auf Linien gesetzt werden und ihre artikulatorische Aussage verlieren, ist die Bezeichnung der Noten als "Neume" fragwürdig und eher museal.  Eine Neume (griech.: Wink, das Zunicken) ist das Handzeichen, mit dem der Scholaleiter anzeigt, welche Art von Silbe zu singen ist. //Eine Neume// ist also //eine Silbe//, egal wie viele "Töne" oder Stufen diese Silbe hat. Davon abgeleitet bezeichnet man das schriftliche Zeichen für eine Silbe als Neume, vor allem bei den adiastematischen Handschriften des 10. und 11. Jahrhunderts. Sobald die Neumen auf Linien gesetzt werden und ihre artikulatorische Aussage verlieren, ist die Bezeichnung der Noten als "Neume" fragwürdig und eher museal. 
  
-Neumen werden üblicherweise nach ihrer Tonanzahl definiert, was nur dann sinnvoll sein kann, wenn die Töne gleich lang wären, wie es der Äqualismus des 20. Jahrhunderts (Solesmes) postuliert hat. Seit mit Hilfe der Neumen von St. Gallen und Laon der Äqualismus überwunden wird, und ein nicht taktierendes sondern //sprechendes Singen// Platz greift, das den Unterschied zwischen //kurrenten// und //nicht kurrenten// Neumen akzeptiert, sodass eine "episemierte Virga" (Eintonneume) je nach Kontext sogar länger dauern kann als eine "Tristropha" (Dreitonneume), ist die Tonanzahl als Maß der Neume obsolet. Die Tonanzahl einer Neume zum Maß zu nehmen ist so zielführend, wie das Gewicht der gesprochenen Silben nach ihrer Buchstabenanzahl zu werten. Wir gehen von den **<fc #ff0000>TONSTUFEN</fc>** aus (und selbst das kommt bald an seine Grenzen).+Neumen werden üblicherweise nach ihrer Tonanzahl definiert, was nur dann sinnvoll wäre, wenn die Töne gleich lang wären, wie es der Äqualismus des 20. Jahrhunderts (Solesmes) postuliert hat. Seit mit Hilfe der Neumen von St. Gallen und Laon der Äqualismus überwunden wird, und ein nicht taktierendes sondern //sprechendes Singen// Platz greift, das den Unterschied zwischen //kurrenten// und //nicht kurrenten// Neumen akzeptiert, sodass eine "episemierte Virga" (Eintonneume) je nach Kontext sogar länger dauern kann als eine "Tristropha" (Dreitonneume), ist die Tonanzahl als Maß der Neume obsolet. Die Tonanzahl einer Neume zum Maß zu nehmen ist so zielführend, wie das Gewicht der gesprochenen Silben nach ihrer Buchstabenanzahl zu werten. Wir gehen von den **<fc #ff0000>TONSTUFEN</fc>** aus (und selbst das kommt bald an seine Grenzen).
  
 **<fc #ff0000>EINE NEUME IST EINE SILBE</fc>**, alle "musikalischen" Vorurteile sind wegzulassen. **<fc #ff0000>EINE NEUME IST EINE SILBE</fc>**, alle "musikalischen" Vorurteile sind wegzulassen.
-Um Wittgensteins "a rose is a rose is a rose" abzuwandeln: "Eine Neume ist eine Silbe ist eine Neume ist eine Silbe ist eine Neume". Die Neume wird nicht durch das graphische Zeichen, seine "Noten" - ihre optische Gestalt, sondern allein durch die zu sprechende Silbe - ihre Klanggestalt- definiert.+"Eine Neume ist eine Silbeeine Silbe ist eine Neume". Die Neume wird nicht durch das graphische Zeichen, seine "Noten" - ihre optische Gestalt, sondern allein durch die zu sprechende Silbe - ihre Klanggestalt- definiert.
  
 **<fc #ff0000>EINE NEUME BEGINNT NICHT MIT DER ERSTEN NOTE, SIE HÖRT MIT DER LETZTEN NOTE AUF</fc>**.\\ **<fc #ff0000>EINE NEUME BEGINNT NICHT MIT DER ERSTEN NOTE, SIE HÖRT MIT DER LETZTEN NOTE AUF</fc>**.\\
-Die Anregung zu diesem Axiom ging von L. Agustoni aus. Als er bei den Gregorianikkursen in Essen von seinem wohl missglückten Lehrbuch von 1963/1968 sprach, stellte er fest: "Aber ich habe darin nichts Falsches gesagt – außer dem einen Satz 'Eine Neume beginnt mit der ersten Note' – das ist falsch." Entgegen neuzeitlichem Denken haben wir frühmittelalterliche Strukturen (Melodien, Neumen) vom Ende her zu denken: "in finis iuducabitur".+Die Anregung zu diesem Axiom ging von L. Agustoni aus. Als er bei den Gregorianikkursen in Essen von seinem seiner Meinung nach missglückten Lehrbuch von 1963/1968 sprach, stellte er fest: "Aber ich habe darin nichts Falsches gesagt – außer den einen Satz 'Eine Neume beginnt mit der ersten Note' – das ist falsch." Entgegen neuzeitlichem Denken haben wir frühmittelalterliche Strukturen (Melodien, Neumen) vom Ende her zu denken: "in finis iuducabitur".
  
 Einleitung Hradetzky-Marsch Einleitung Hradetzky-Marsch
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 Das hat weitreichende Konsequenzen für das Verständnis der Quellen und ihre Interpretation,\\ Das hat weitreichende Konsequenzen für das Verständnis der Quellen und ihre Interpretation,\\
 das stellt das etablierte System der gregorianischen Begriffe (die opinio communis) in Frage \\ das stellt das etablierte System der gregorianischen Begriffe (die opinio communis) in Frage \\
-und erfordert einen völligen Neuansatz, basierend auf den Erkenntnissen Eugene Cardines, Rupert FischersGodehard Joppichs und Luigi Agustoni.+und erfordert einen völligen Neuansatz, basierend auf den Erkenntnissen von Eugene Cardine, Rupert Fischer, Luigi Agustoni und Godehard Joppich.
  
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-• Grundsätzlich ist bei der kurrenten (jeder) Neume der //erste Ton schwach// <fc #ff0000>INITIO DEBILIS SEMPER</fc>. Dies entgegen dem romantischen Musikverständnis, wie es den Neumen Joseph Pothiers zugrundeliegt. Erst auf der Basis eines grundsätzlichen mehr oder weniger schwachen Anfangs //jeder// Neume,kann die spezielle Notation einer "Anfangsartikulation" sinnvoll sein. Was beim Torculus specialis allgemein erkannt ist (wenn auch in der Praxis wenig rezipiert), ist auf alle mit Aufstieg beginnenden Neumen anzuwenden, speziell auf den kPes, aber auch auf den Torculus.+• Grundsätzlich ist bei der kurrenten (jeder) Neume der //erste Ton schwach// <fc #ff0000>INITIO DEBILIS SEMPER</fc>. Dies entgegen dem romantischen Musikverständnis, wie es den Neumen Joseph Pothiers zugrundeliegt. Erst auf der Basis eines grundsätzlichen mehr oder weniger schwachen Anfangs //jeder// Neume, kann die spezielle Notation einer "Anfangsartikulation" sinnvoll sein. Was beim Torculus specialis allgemein erkannt ist (wenn auch in der Praxis wenig rezipiert), ist auf alle mit Aufstieg beginnenden Neumen anzuwenden, speziell auf den kPes, aber auch auf den kTorculus.
  
-• **Quilisma** und **Oriscus** sind zwei Zeichen, die in der Adistematie eine helfende Funktion anstelle der fehlenden Linien haben. In  der Diastemie sind sie überflüssig. Die diastematichen Schreiber, im Dilemma kein Jota und Strichlein auslassen zu wollen/dürfen, übertragen die unverstandenen Zeichen Oriscus und Quilisma dann doch als Ton, wenn manchmal auch an ungewöhnlicher Stelle <fc #ff0000>QUILISMA et ORISCUS NON SONENTI</fc>+• **Quilisma** und **Oriscus** sind zwei Zeichen, die in der Adiastemie eine helfende Funktion anstelle der fehlenden Linien haben. In  der Diastemie sind sie überflüssig. Die diastematischen Schreiber, im Dilemma kein Jota und Strichlein auslassen zu wollen/dürfen, übertragen die unverstandenen Zeichen Oriscus und Quilisma dann doch als Ton, wenn manchmal auch an ungewöhnlicher Stelle <fc #ff0000>QUILISMA et ORISCUS NON SONENTI</fc>.
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-• Die "Liqueszenz" hat //nie// einen (auch noch so kleinen) Nebenton. Die augmentative Liqueszenz breitet eine wichtige Silbe klanglich aus, die diminutive Liqueszenz kappt (zb. die weiterführende Clivis) und staut. Ihre Aufgabe ist es, gerade diesen zweiten weiterführenden Ton zu verhindern.+
  
 +• Die "Liqueszenz" hat //nie// einen (auch noch so kleinen) Nebenton. Die augmentative Liqueszenz breitet eine wichtige Silbe klanglich aus, die diminutive Liqueszenz kappt (z.B. die weiterführende Clivis) und staut. Ihre Aufgabe ist es, gerade diesen zweiten weiterführenden Ton zu verhindern. <fc #ff0000>LIQUESZENS SINE SECUNDO TONO</fc>.
  
 Diese drei Grundsätze unterscheiden unsere Restitution/Interpretation wesentlich von dem seit 150 Jahren gängigen Verständnis (opinio communis) davon, was Gregorianischer Choral sei.  Diese drei Grundsätze unterscheiden unsere Restitution/Interpretation wesentlich von dem seit 150 Jahren gängigen Verständnis (opinio communis) davon, was Gregorianischer Choral sei. 
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 +Daraus resultiert aber auch eine geänderte Verwendung der Quadratnotenschrift. Die von Joseph Pothier auf Basis der Schreibpraxis im Anjou des 15. Jahrhunderts festgelegte Schrift spiegelt das Musikverständnis des 19. Jahrhunderts wieder und wurde bis heute nicht (Ausnahme Liqueszenzgraphien LH 1983) an neue Forschungsergebnisse angepasst. Das GrN hat zwar Töne ausgebessert, aber das Notenbild (Neumengraphien und Gliederungen) unverändert gelassen. Das hält eine erhebliche, den Sänger behindernde Diskrepanz zwischen Neumen und Noten offen. Unser Quadratnotenbild versucht diese Diskrepanz zu verringern, die artikulatorischen Gegebenheiten der Neumen möglichst zu übertragen und die oben genannten Erkenntnisse anzuwenden. Auf Gliederungszeichen verzichten wir völlig und verwenden stattdessen Sinnzeilen. 
  
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 ===== Virga – Tractulus ===== ===== Virga – Tractulus =====
  
 +{{:neumen:e_virga_tractulus.png?300 |}}
 In den St. Galler Handschriften werden grundsätzlich nur zwei Zeichen für den Einzelton verwendet: Virga (lat.: Zweig, Ast, Rute) und Tractulus (lat.: das kleine Gezogene). In den St. Galler Handschriften werden grundsätzlich nur zwei Zeichen für den Einzelton verwendet: Virga (lat.: Zweig, Ast, Rute) und Tractulus (lat.: das kleine Gezogene).
  
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 Entgegen der gängigen Meinung über die St. Galler Handschriften hat Hartker sehr wohl eine unvollkommene Diastemie und setzt die Virga tiefer und höher, den Melodieverlauf darzustellen. Die Gefahr von Über- und Fehlinterpretation ist allerdings hoch. Bei gleich hohen Tönen vor dem Abstieg wird die letzte hohe Virga höher gesetzt, wie es ein guter Dirigent tut, der ein zu frühes Absinken der Stimme verhindern will "dó**mi**nus" Bei "captivitatem plebis" ist der gesamte Melodieverlauf aus den Neumen nachzuempfinden. Siehe auch [[ant:0383]]: "...et salvus ero domine" Entgegen der gängigen Meinung über die St. Galler Handschriften hat Hartker sehr wohl eine unvollkommene Diastemie und setzt die Virga tiefer und höher, den Melodieverlauf darzustellen. Die Gefahr von Über- und Fehlinterpretation ist allerdings hoch. Bei gleich hohen Tönen vor dem Abstieg wird die letzte hohe Virga höher gesetzt, wie es ein guter Dirigent tut, der ein zu frühes Absinken der Stimme verhindern will "dó**mi**nus" Bei "captivitatem plebis" ist der gesamte Melodieverlauf aus den Neumen nachzuempfinden. Siehe auch [[ant:0383]]: "...et salvus ero domine"
  
-Diese Analyse könnte wetergeführt werden... 
  
 ==== Vrg und Trt in Mont Renaud ==== ==== Vrg und Trt in Mont Renaud ====
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 Der Wechsel zwischen Virga und Tractulus geschieht nach den selben Regeln wie in St.Gallen. Mont Renaud zeichnet aber darüber hinaus den Tonhöhenverlauf durch längere und kürzere Virgen nach (unvollkommene Diastemie). Das gelingt zeitweise recht eindrücklich: "veniet" - "alleluia", manchmal nicht so sehr: "sancti eius cum eo". Oder sollte die Verkürzung der Virga "cum" gegenüber den vorhergehenden Silben "eius" eine Rücknahme der Intensität anzeigen? Die Länge (?) oder Dicke des Tractulus zeigt sicher mehr oder weniger Gewicht der Silbe an: "veniet **et** omnes". Der Wechsel zwischen Virga und Tractulus geschieht nach den selben Regeln wie in St.Gallen. Mont Renaud zeichnet aber darüber hinaus den Tonhöhenverlauf durch längere und kürzere Virgen nach (unvollkommene Diastemie). Das gelingt zeitweise recht eindrücklich: "veniet" - "alleluia", manchmal nicht so sehr: "sancti eius cum eo". Oder sollte die Verkürzung der Virga "cum" gegenüber den vorhergehenden Silben "eius" eine Rücknahme der Intensität anzeigen? Die Länge (?) oder Dicke des Tractulus zeigt sicher mehr oder weniger Gewicht der Silbe an: "veniet **et** omnes".
  
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-===== Uncinus – Punctum – Virga =====+===== Uncinus – Punctum =====
  
 +{{:neumen:l_uncinus_punctum.png?300 |}}
 +{{ :neumen:0688_acuasta.png?140|}}
 +Was in E/C/H die Virga ist, ist in L der Uncinus, ein geschwungener Tractulus mit "Aufstrich". Den Uncinus höher und tiefer schreibend wird der Tonhöhenverlauf in etwa nachgezeichnet (unvollkommene Diastemie). \\
 +Leichte, praetonische Silben werden mit Punctum dargestellt. Diese Möglichkeit haben die St.Galler nicht (Ausnahme manchmal in C ), sie schreiben hier  [[neumen:litterae#c|celeriter]], oder setzen das Wissen um die Leichtigkeit der praetonischen Silben voraus. \\
 +Bv entspricht dem mit seiner Acuasta [[quellen:quellen_gr#acuasta|Acuasta]]. exemplum: CO [[grad:0688]] Narrabo "//mira//-bilia"\\
 +Die Virga in L kommt nur(?) als Teil einer Mehrtonneume  vor als melodischer Höhepunkt (cf.: Pes, Scandicus) 
  
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 ===== Gravis ===== ===== Gravis =====
  
 +Der Gravis ist ein nach rechts fallender Tractulus. Er zeigt in den adiastematischen Handschriften einen besonders tiefen Ton an. E [[grad:0626]] "super uno pec-//ca//-tore"
  
 +In Ch kommt auch ein rechts aufsteigender Tractulus vor [[grad:0002]] "Ad //te// levavi".
 +In Bv zeigt das nach rechts fallende Strichlein nur an, dass der Ton davor höher war [[grad:0006]] Bv33 "eius //po//-tentes", "eius //ad// audiendam", Das kommt aus der Schreibpraxis, bei absteigenden Tönen die Feder nach rechts zu drehen. Inwieweit eine Informationsabsicht dahinter steht, ist schwer auszumachen.\\
 +Wieder anders stellt sich die Frage in A + Y. Hier sind die Pünktchen/Strichlein wieder eher Ausdruck der Kurrenz, wobei die Aquitanier jeden tifsten Ton mit Tractulus versehen.
  
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 ===== Bivirga – Tristropha ===== ===== Bivirga – Tristropha =====
  
-Bivirga ist die //nicht kurrente// Formdie Tristropha die //kurrente// Form eines amplifizierten Tones.+{{:neumen:2vrg-3str.png?300 |}} 
 +Die Wertigkeit einer Silbe, auch wenn sie nur einstufig ist, kann vielfältig dosiert sein. In G und L kann ein Ton  praetonisch kurrent leicht normal nicht kurrent / breit sein.  Es wäre aber falsch diese Unterscheidungen definierend der kategorial zu verstehen. Sie sind keine absoluten Wertungen, sondern haben nur im Kontext das rechte Gewicht. Auch hier müssen wir uns vom modernen **definieren** verabschieden und mittelalterlich **assoziieren**. So sind E und L scheinbar nicht immer auf der selben  Linie. Ch + MR kümmert hier der Silbenwert nicht (mehr); Virga und Tractulus sind melodisch relevant.\\ 
  
-Ist ein Strophicus (meist Tristropha) endartkuiertso notieren wir das durch eine Rhomba an Stelle des letzten Strophicus.+Die Bivirga und Tristropha zeigen reperkutierend den Mehrwert einer Silbe auf. Dabei kann man die  Bivirga als die //nicht kurrente// Formdie Tristropha als die //kurrente// Form der Amplifizierung ansehen
  
 +==== Bivirga urgens MR ====
  
 +Bemerkenswert ist die Tatsache, dass MR meist, Ch oft, L ebefalls nicht selten [[grad:0894]] "pleni-//tú//-do" die Bivirga als
 +//Bivirga urgens// notieren. Die traditionelle Chorallehre würde diese Neume als "Pes mit Amplifizierung auf dem oberen Ton" bezeichnen. Diese Bezeichnung berücksichtigt jedoch nicht die Leichtigkeit des ersten Pes-Tones, der in E immer und in L meistens entfallen kann. Sie denkt vom Anfang an und bedenkt nicht, dass "eine Neume nicht mit dem ersten Ton beginnt", sondern mit dem letzten aufhört. Mit dieser Neume ist die Grenze zwischen einstufig und zweistufig aufgeweicht.\\
 +Wc hat für die Bivirga urgens eine eigene, durchaus auffällige Graphie, z.B.:[[ant:7698]] "interce-//de//"
  
-==== Bivirga urgens MR ====+Der Strophicus ist in L + Ch grundsätzlich endartikuliert, die Puncta werden mit Tractulus abgeschlossen. E gibt dem letzten der 3 Strophici nicht grundsätzlich, aber in artikulatorisch berechtigten Fällen ein Episem. Wir notieren das durch eine Rhomba an Stelle des letzten Strophicus.
  
-oben amplifizierter Pes Bivirga emphatica +------------------------------------------------ 
-[[grad:0894]] "pleni**tú**do" +
- MR schreibt die Bivirga grundsätzlich //urgens//. L geht dabei nicht selten mit [[grad:0989]] "Et **é**runt"+
  
-Damit ist die Grenze zwischen einstufiger und zweistufiger Neume aufgeweicht. +===== Die QUADRAT-Noten =====
-Wc hat für die Bivirga urgens eine eigene, durchaus auffällige Graphie, z.B.:[[ant:7698]] +
  
 +Die Virga von St.Gallen und der Uncinus von Laon werden, wie üblich als **Quadrata** übertragen.\\
 +Die leichten praetonischen Silben von L (und C) werden als **Rhomba** notiert. 
 +Die episemierte Virga, vor allem im AN-Repertoire, steht meist auf der Endsilbe eines Satzteiles und gliedert so (an Stelle einer divisio), fast ebenso häufig betont sie, breitet sie Akzentsilben aus. Die episemierte Virga schreiben wir als **Quadrata mit Hals** (Virga).
 +{{ :neumen:1698_vrg_epis_xerg.png?400|}}
  
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neumen/neuma.txt · Zuletzt geändert: 2024/02/28 08:51 von xaverkainzbauer