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Q TYP

Typos Protus de quarto tono – TYPOS Protus von der Quart = ≠ quartus transpositus


Ist ein sehr alter Typos. 105 mal im Stammrepertoire der zirka 2000 Antiphonen des Codex Hartker sind Protus von der Quart – Quartus transpositus. Dieser Typos, älter als das System des Octoechos, lässt sich nur schwer einem der 8 Modi des Octo­echos zuordnen. Ursprünglich als Protus plagalis dem Protus zugeordnet, wurde er im Spätmittelalter als „Quartus transpositus“ zum Deuterus erklärt, um heute wieder als „Protus von der Quart“ zwischen 1. und 2. Modus angesiedelt zu sein. Tatsächlich hat dieser vierteilig strukturierte Typos (AB - CD) eine Melodik, die vom Standpunkt des jüngeren Octoechos aus teilweise dem 8., 7., 5., 4. und 2. Modus angehören, aber alles in allem dem Protus zugerechnet wird.

Vom Tetrachord aus betrachtet schwebt die Melodie zwischen Quart­spannung sol-do (Tetrardus = TT) und Terzspannung la-do (Pro­tus = PR) und nimmt noch zusätzliche Elemente auf. Was nicht vor­kommt ist die Halbtonspannung des Deuterus ( = DT; 3. und 4. Mo­dus) und der naive Urmodus DO (6. Modus).

QINC Intonation des 8. Tons im aufsteigendem Tetrachord sol-la-do und Übersteigerung um eine Stufe zum re (7. Modus).

QMDT Umspielung der Rezitation re (Urmodus Re).

QNOV Rückführung zum do über den Quartsprung la-re, das re wird nie akzenttragend. Modal ist die Terz la-do konstitutiv (PR: 1. und/oder 2. Modus). Der Abstieg zum durch Wiederholung bestätigten sol wendet die Tonalität zurück zum Tetrachord (8. Ton, do-si-la-sol).

QTER Tetrachord mit Unterschwung zum fa (8.Ton, der Unterschwung etabliert „fa-la-do“: 5.Ton, was eine typische Wendung für den 8. Modus ist). Die Terminatio fällt aber nicht um die Quart zum sol (8. Ton), sondern nur um die Terz zum la (Protus von der Terz = 1. und/oder 2. Modus).

Die Texte dieses Typos sind immer vierteilig, wobei grundsätzlich INC und MDT ebenso wie auch NOV und TER näher aneinander­gerückt sind als MDT und NOV. Auf Varianten und Feinheiten der Gliede­rung wird durch Buchstaben (c, st, x etc) hingewiesen. z.B.: 0008 st, 0352 x, 1774 c.

0022  INC  Benedicta tu   /  MDT in mulieribus //
      NOV  et benedictus  /  TER fructus ventris tui.

Die Texte haben stark proklamatorischen Charakter, dem entspricht auch die Häufung der Typusmelodie zu bestimmten Zeiten im Kir­chen­jahr. So stammen von den 98 Antiphonen 24 aus dem Advent, 20 aus der Quadragesima, 20 aus der Osterzeit. Innerhalb dieser Gruppen bilden sich abermals Schwerpunkte: Im Advent sind 7 Antiphonen aus der ersten Woche, sie stehen als Eröffnung des Advents, aber 13 Antiphonen in der vierten Woche eröff­nen unmittelbar das Weihnachtsfest. Auch in der Quadragesima (20) bilden erste Woche (5) und fünfte Woche (9), unmittelbar vor der Karwoche, eröffnend-vorbereitende Schwer­punkte.


Adv1 Dom L5 0008 Nativ Vig L3 0138 Quad4 f6 Ev 0817 Asce M1.1 1238
Adv1 Dom S 0013 Nativ Vig L4 0139 Quad5 Dom L3 0823 Asce M1.3 1240
Adv1 f3 Mag 0017 Nativ M 2.5 0159 Quad5 Dom L4 0824 Asce M1.4 1241
Adv1 f5 Ben 0021 Nativ V 4 0179 Quad5 Dom L 0825 Asce M1.6 1243
Adv1 f5 Mag 0022 Steph M2.5 0209 Quad5 f2 Mag 0836 Asce M2.1 1244
Adv1 f6 Ben 0023 Innoc Ben 0267 Quad5 f3 Mag 0839 Asce L3 1253
Adv1 Sab Ben 0025 p.a.Dom M 1.2 0351 Quad5 f4 Ben 0840 P+P 29.06 L1 1347
Adv2 f2 Mag 0038 p.a.Dom M 1.3 0352 Quad5 f4 Mag0841 Pauli 30.06 L4 1368
Adv2 f3 Ben 0039 Purif M 1.2 0583 Quad5 f5 Ben0842 Assum M1.1 1403
Adv2 f4 Mag 0042 Purif M 1.5 0586 Quad5 f5 Mag0843 Assum M1.2 1404
Adv2 f5 Mag 0044 Purif M 2.5 0592 Palm Dom L50854 Assum L3 1434
Adv4 f2 L1 0085 Purif M 2.6 0593 Palm Dom 0866 JohB.Dec L5 1408
Adv4 f2 L5 0089 Purif L 4 0598 Palm Dom 0868 JohB.Dec P 1436
Adv4 f3 L1 0091 Annun M 1.6 0659 Palm f2 L1 0869 JohB.Dec S 1438
Adv4 f3 L2 0092 Quinq f4 0592 Palm f2 Ev 0874 Mich M1.1 1481
Adv4 f3 L3 0093 Quad1 Dom 0728 Palm f3 0885 Mich M1.2 1482
Adv4 f3 L4 0094 Quad1 f4 Mag 0736 CenD f5 L4 0907 Mich M1.4 1484
Adv4 f4 L3 0100 Quad1 f5 Ben 0740 Parasc f6 M2.2 1034 Mich M2.5 1491
Adv4 f4 L4 0101 Quad1 Mag 0743 Parasc f6 M2.3 1035 DedEc M1.4 1545
Adv4 f4 L5 0102 Quad1 Sab 0746 SSanc Sab M3.3 1055 Martini M2.2 1601
Adv4 f5 0114 Quad2 Dom 0758 SSanc Sab L1 1056 Apost M2.6 1705
Adv4 f6 L2 0116 Quad3 f3 0784 SSanc Sab L2 1057 Mart.un M2.3 1774
Adv4 f6 L3 0118 Quad4 Dom Ben 0803 SSanc Sab 1062 Virgin L4 1830
Adv4 f6 L5 0120 Quad4 f5 Ben 0813 Virgin Ben 1833
Virgin Ben 1834


QINC

Protus von der Quart - Incipit

Der Cento ist ein-bis dreiakzentig. Die Klanggestalt dieses Cento ändert sich auffällig, je nach Anzahl der Akzente (ebenso cf.: 1INC VrgStr).

einakzentig: Der Akzent liegt auf dem Pes „do-re“

zweiakzentig: Der erste Akzent wird „praetonisch“ behandelt und liegt auf „sol“ bei PO („sól-la“), oder „la“ bei PPO („lá-sól-la“).

Bei dreiakzentigen Texten bleiben die „praetonischen“ Töne beim ersten Akzent, der zweite Akzent liegt samt seinen posttonischen Silben auf „do“, der dritte Akzent steigt zum „mi“ (nkPes „do-mi“), die Endsilbe geht wie in allen Fällen zum „re“.

Bei PPO auf dem letzten Akzent wird der Akzentpes auf zwei Silben verteilt (Dihärese), wobei der Binnenton des PPO mit kPes versehen wird. Zielführender wäre die Bezeichnung Virga urgens, in der Diärese entsteht kein neuer Ton! Der obere Ton des Pes wird mit portamento versehen, um seiner Vernachlässigung entgegenzuwirken.

Es ist die Frage zu stellen, wie dieses PPO in der praktischen Ausführung geklungen hat, im 12.Jh aber vor allem im 8.Jh. Was lässt sich aus den Quellen dazu erheben?

Die heutigen praktischen Ausgaben schreiben zusammen mit den meisten jüngsten unserer Quellen (Wc, Fo2, Ka, De) auf der Binnensilbe den Pes mit dem Durchganston „re“ und „mi“. Der Unterschied zwischen kPes und nkPes ist nach der Adiastematie (nach 1000) nicht mehr bekannt, die Neume beginnt mit dem ersten Ton, was unweigerlich zur falschen Betonung „plu--a“ führt. Schon die Cistercienserreform kritisiert diese falsche Betonung. Während Wm noch wie die anderen Handschriften des 12./13.Jh schreibt, verschiebt Zw den Pes auf die eigentliche Akzentsilbe „plú-via“. Entgegen diesen späten Quellen, bringt T1+T2 einfach den Pes in zwei Töne zerlegt, keine falschen Betonungen können entstehen. Lc (13.Jh) schreibt in allen vergleichbaren Fällen konsequent unisonischen Terzpes. Ein Durchgangston „re“ ist also in dieser Formel niemals beteiligt. Diese Quellenlage bleibt durchgehend in allen Fällen erhalten. Dazu gehen in 1491 auch Bv1+2 mit T1+2 mit! In 1601 hat auch Ka+T1 den Terzpes.

Der kPes der adiastemantischen Quellen H+MR ist entgegen späterem Verständnis sicher als Pes initio debilis/ Virga urgens zu verstehen, der erste „Ton“ ist so leicht, dass er verschwinden kann (T1+2) oder bloß ein portamento übrigbleibt(Lc). So gesehen ist es egal, ob dieser erste „Kaum-ton“ ein „re“ oder „do“ ist, hat er doch ohnehin keinen realen Tonort. Die suggestive Kraft der Notenschrift würde aber bei einem „re“ als eigenen Ton zwischen den Rahmentönen „do“ und „mi“ immer dazu verführen, doch einen eigenen „Ton“ zu singen. Ein „re“ kann nicht einfach verschwinden, ein unisonischer (portamento!)Anschluss schon.

Hier spielen mehrere Erkenntnisse zusammen, die sich aus den bisherigen Untersuchungen ergeben haben: Unser modernes definierendes Denken stellt uns vor die Frage: ist das ein Ton oder nicht? Diese Frage ist im gregorianischen Choral unzulässig.

  • Die fließenden Übergänge von gar kein Ton bis voller Ton etwa beim Pes (Virga: eintoniger Pes, Virga urgens, kPes, nkPes, dreitoniger Pes) verhindern die Festlegung auf Tonzahlen..
  • Die Tonanzahl ist kein brauchbares Mittel eine Neume zu benennen, die Tonstufen schon. Es ist ein Unterschied, ob ich eine Silbe als kPes bezeichne, oder als Virga urgens.
  • In diesem Zusammenhang ist auch zu verstehen, warum wir als graphisches Zeichen für den ersten leichten Ton nicht die kleine schwarze Note verwenden, wie die meisten neueren Ausgaben, sondern die große leere(weiße) Note: sie legt einen Tonort viel weniger fest als der schwarze, wenn auch kleine Punkt.
  • Notwendend ist es, die nicht mehr ganz neue Erkenntnis, dass eine Neume nicht mit der ersten Note beginnt, aber mit der letzten aufhört, in der Praxis wirklich anzuwenden.

dreiakzentig PPO: domin(um/e/us): 0021, 0085, 0089, 0092, 0093, 0094, 0101, 0598, 0803, 0823, 1241, 1774,

véniet: 0038, ierúsalem: 0039, désuper: 0091, delébitur: 0138, plúvia: 0139, fácta es: 0586, laudáre te: 0593, ópera: 0841, hábeo: 0885, mánibus: 1253, appáruisti: 1491, ófferet: 1601,

PPPO: nósmetipsos: 0728 in véntre coeti:0736

QINC im 8. Modus


QMDT

Protus von der Quart - Mediatio

0023, 0120, 0119. Ausnahmefälle 1061


QNOV

Protus von der Quart - Reintonatio (Novum)

0061


QTER

Protus von der Quart - Terminatio

vide 0120

cento_an/prq_syn.txt · Zuletzt geändert: 2022/02/18 12:17 von georgwais